Festschrift |
Dor säggsische Dialeggd oder: Darf es ein bißchen "sächsisch" sein?
zusammengestellt von einem in Franken lebenden Altbayern
Nicht überall im Freistaat Bayern wird bairisch gesprochen. Ebenso wie im Freistaat Sachsen nicht überall sächsisch gesprochen wird.
Die politischen Grenzen decken sich eben nicht mit den Dialektgrenzen. Ein Franke aus dem Bamberger Raum würde bestreiten bairisch zu sprechen; ebenso wäre ein Vogtländer aus Plauen ziemlich beleidigt, würde man seine Sprache sächsisch bezeichnen.
In bayerischen wie auch in sächsischen Landen wird des Öfteren schon in Nachbargemeinden ein eigener Dialekt gesprochen. Ohne auf den Eigenwert der einzelnen Mundarten näher einzugehen, ist Bayern in drei Dialektgebiete einzuteilen:
1 . Der fränkische Dialekt: (der nordbayerische Raum: Die Dialektgrenze bildet dabei die Linie Ansbach -Schwabach‑ Pegnitz)
Der schwäbische Dialekt: (westbayerisches Gebiet: Ansbach ‑ Weißenburg ‑ Schongau)
Der bairische Dialekt: Dabei ist hauptsächlich das Ober‑ und Niederbayerische gemeint, eben jene Mundart die bei Fremdländern wie Preußen, Japanern u. Amerikanern als bayerische Sprache bekannt ist. Die starke Eigenständigkeit des Altbayerischen oberpfälzischer Prägung soll hier nicht näher erläutert werden.
Auf den bairischen Dialekt soll hierbei nicht näher eingegangen werden, denn der ist uns ja in die Wiege gelegt worden.
Wenn die Altbaiern „gmiadli“ bei einem Bier zusammensitzen und dabei einer zu Politik und Weltgeschehen sein Bestes gibt, so kommentiert es der Bayer mit einem „Geenau“. Und wo der Norddeutsche seine Anteilnahme mit unendlich langen Wortschwällen kund gibt, sagt der Bayer nur „Ja mei".
Mit diesem „Ja mei" wollen wir es beim Bairischen oder Boarischen belassen.
Ebenso wie Bayern, ist Sachsen in Dialektgebiete einzuteilen:
1 . Der vogtländische Dialekt: Die Dialektgrenze verläuft zwischen Zwickau und Plauen in Nord ‑ Süd ‑ Richtung
Der erzgebirgische Dialekt: Südlich von Chemnitz
Der lausitzische Dialekt (ca. 20 km östlich von Dresden)
4. Der sächsische Dialekt in der Mitte Sachsens
An seinem Nordrand liegt Leipzig, im Osten Dresden und im Süden Chemnitz. In der Wissenschaft nennt man den Dialekt der hier gesprochen wird, „das Meißnische“. In welcher Gegend in Sachsen am meisten „gesungen“ wird ist schwer zu sagen, aber fest steht, dass man dies an der Satzmelodik unterscheiden kann. Den Dresdner erkennt man an seinem ni für „nicht“ und er liebt es auch nu (nun) statt „ja" zu sagen. Der echte Leipziger kann grundsätzlich K und G nicht unterscheiden.
Während in der Leipziger Gegend widder für „wieder“, riwwer un niwwer statt „herüber und hinüber“ gesprochen wird, sagt der Chemnitzer wieder, riewer un niewer, aber dafür runner un nunner statt „herunter, hinunter“. Aus einem hochdeutschen „nicht wahr" wird beim Chemnitzer „(Kemmser)“ ein ganz kurzes nor. Was die Chemnitzer und die Leipziger gemeinsam haben, ist das Problem, den ch ‑ Laut von sch - Laut zu unterscheiden; zum Beispiel
„China“ ® Schina, „Architekt“ ® Arschidekt „Architekt" ‑ Arschidekt
Eine weitere auffällige sächsische Eigenart ist die, dass man keine gerundeten Vokale spricht. Alle ö ‑, ü ‑ und eu ‑Laute werden zu e, i und ei. „De Lehm brilln ‑ die Löwen brüllen“. In einigen Wörtern wird ei zu ee und au zu oo „Vom Loofen tun mer de Beene weh, nee, ich will heem un ni mehr einkoofen“.
Schwierigkeiten hat der Sachse auch mit den e‑ Lauten. Häufig spricht er sie wie ä: Lähm = Leben, gähm = geben, sähn = sehen.
Die bayerischen und die sächsischen Dialekte sind ein alt ‑ ererbtes, tradiertes Kulturgut wie alle anderen Dialekte auf der ganzen Welt auch.
Obwohl der Dialekt nicht von einzelnen Wörtern lebt, soll dennoch eine kleine Auswahl dargestellt werden:
säggsch deutsch
auskäsen oder ausmären sich beeilen Bemme zwei zusammengeklappte belegte Scheiben Brot bietschn trinken, saufen Blembe unschmackhaftes Getränk Bliemchen (gaffee) dünner Kaffee derheeme daheim, zu Hause Dibbel große Tasse dickschn schmollen, sich trotzig verhalten draaschen oder reeschn't stark regnen ehbsch übermäßig lange egah fortwährend, immerzu ei. verbibbsch Ausruf der Verwunderung Erdäppl Kartoffel Flecke als Speise zubereitete Innereien gemiedlich gemütlich, bequem Glitscher aus rohen geriebenen Kartoffeln gebackene Kartoffelpuffer Hiddsche Fußbank hinmachen sich beeilen kääbsch wählerisch beim Essen Laatschen alte Schuhe malade matt, abgespannt Motschegiebchen Marienkäfer rammeln schwer arbeiten rumbläken herumschreien rummären sich Zeit lassen Schmette altes Fahrrad tichtsch sehr tüchtig titschen eintauchen verblembern etwas vergeuden
Die Sachsen sind zwar „gemiedlich", aber trotzdem beginnen sie schnell zu schimpfen, wenn sich jemand viel Zeit lässt. Zum Beispiel beim Anziehen, wenn man fortgehen will und der Mann seine Frau zur Eile antreibt.
Er: Nu käs d'sch endlich aus! Das dauerd scha ehbsch, bis du färtsch werst. Los, käs d'sch aus! Nun beeil dich doch! Es dauert ja ewig, bis du fertig wirst. Los, beeil dich!
Sie: Mach misch nisch meschugge mit deiner Quengelei! Mach mich nicht verrückt mit deinem Drängeln!
Er: Nu Mensch, da mär d´sch doch ooch ma aus! Kannst doch ni so die Zeit verblembern. Mach bissel dalli! Hau hin! Mensch, beeil dich! Du kannst doch nicht die Zeit so vergeuden. Los, beeil dich!
Sie: Nu halte endlich de Gusche! Werscht schon noch zor Zeit hinkomm' off deine Kuhbläke. Sei endlich still! Wirst schon noch pünktlich auf dieses abgelegene Dorf kommen!
Er: Also, du hast werklisch im Alter tischtsche Mucken gekricht, weeßte. Nu mach hin, los nu, mach! Un fang bloß ni noch an zu dickschen! Also weißt du, du hast wirklich sehr unangenehme Eigenheiten im Alter bekommen. Nun beeil dich endlich! Und fange ja nicht noch an, beleidigt zu tun.
Zum Schluss eine gurze Schbrachiebung kurze Sprachübung
Gaiser Garrl gonde geene Gimmelgerner gaun. Kaiser Karl konnte keine Kümmelkörner kauen.
Dor Bägger baggd Bredschen, der Bassdor duhd bredschen, der Hund gibbd Fehdschen, un gisen duhd's Greedschen. Der Bäcker bäckt Brötchen, der Pastor tut predigen, der Hund gibt Pfötchen und gießen tut's Gretchen.
Hans Feiner |
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